Einführung

Valérie Jouve, Grand Littoral, 2003

Vom 31. März bis 10. Juni 2007 zeigt der Württembergische Kunstverein das Projekt "Landschaft (Entfernung)". Die Ausstellung präsentiert elf künstlerische Positionen, die das Phänomen Landschaft auf formal wie inhaltlich sehr unterschiedliche Art und Weise beleuchten. Sie wenden sich den mehr oder weniger natürlichen landschaftlichen Räumen ebenso zu wie ihren künstlerischen Repräsentationen. Sie erproben und eignen sich Landschaft an als Medium ideologischer Botschaften, als Spiegel und Bühne des (Künstler-) Subjekts, als ermüdete Form künstlerischen Ausdrucks und Material alternativer Raumentwürfe.

Die Ausstellung umfasst Werke aus den letzten 30 Jahren, darunter Film- und Videoarbeiten, Fotografien, Zeichnungen und eine ortsspezifische Installation. Außerdem wird ein Filmprogramm sowie eine Performance des Videokünstlers, Regisseurs und Autors Rabih Mroué zu sehen sein.

Im herkömmlichen Verständnis wird Landschaft meist gleichgesetzt mit Vorstellungen idyllisch verklärter Natur, einer obsoleten künstlerischen Tradition oder, ganz nüchtern, den für einen Ort typischen geografischen Formationen. Demgegenüber wird Landschaft heute viel eher als Material und Ergebnis der Produktion von Raum verstanden. Sie wird gemäß (mehr oder weniger eindeutig benennbaren) politischen, ideologischen, traditionellen oder individuellen Interessen erzeugt und ist somit deren Ausdruck und Repräsentation. Sie leuchtet dem Betrachter lediglich aus dem Grunde als "natürlich" ein, als die Ursachen und Motive hinter ihrer Entstehung nicht sichtbar (gemacht) werden: Landschaft ist in diesem Sinne eine polemische Setzung von Bedeutung, die ihre Rechtfertigung schuldig bleibt. Permanent umstritten, ist sie ein räumliches Arrangement auf Zeit.

Während konventionelle Formen künstlerischer Landschaftsdarstellung dem Entwurf, der Affirmation und der Naturalisierung dieser ideologisch geprägten Räume dienten, werden die hier gezeigten Positionen hingegen von dem Verdacht geleitet, dass die vorgebliche Transparenz des Raums eine optische Täuschung ist. Die Zurichtung von Landschaft auf ein ideologisches Sinnzentrum hin wird hier systematisch sabotiert. An ihre Stelle treten multiperspektivische und oft widersprüchliche Betrachtungen von Landschaft. Die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten wählen etwa unterschiedliche Formen künstlerischer Intervention, die sich direkt in die Oberfläche der Landschaft einschreiben, konfrontieren miteinander inkompatible Landschaftsbilder mit dem Zweck ihrer gegenseitigen Entwertung, oder analysieren Räume mit Hilfe kritisch-dokumentarischer Strategien, die sich zwischen klassischer Recherche und künstlerischer Überformung bewegen.

Diese unterschiedlichen Haltungen gegenüber dem Phänomen Landschaft lassen sich in einem allgemeineren Sinn als eine Auseinandersetzung mit Problemen der Entfernung lesen. Die Arbeiten nutzen und befragen Strategien der kritischen oder physischen Distanzierung, der Beobachtung aus der Entfernung oder im Detail, der medialen Brechung, die zugleich verfremdet und auf neue Art und Weise sichtbar macht (also ent-fernt) sowie Prozessen der schrittweisen oder radikalen Entfernung und Neumodellierung von Raum.

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