Rabih Mroué. Ich, der Unterzeichnende Das Volk fordert

EINFÜHRUNG

Rabih Mroué, Ausstellungsplakat (Intervention), Stuttgart (WKV) 2011, Design: L2M3 Kommunikation, Stuttgart, Foto: Hans D. Christ
Ausstellungsplakat (Intervention), Design: L2M3 Kommunikation, Stuttgart, Foto: Hans D. Christ

Vom 22. Mai bis zum 31. Juli 2011 zeigt der Württembergische Kunstverein die erste Einzelausstellung des libanesischen Künstlers Rabih Mroué in Deutschland. Sie wurde von Cosmin Costinaş, Kurator der basis voor actuele kunst (BAK) in Utrecht, wo die Ausstellung 2010 erstmals zu sehen war, kuratiert.

In einem bühnenartigen Arrangement, das eigens für die Räume des Kunstvereins konzipiert wurde, stellt die Ausstellung neun Werke vor, die zwischen 2003 und 2011 entstanden sind und Wandarbeiten, Installationen sowie Videoarbeiten umfassen.

Mroué, der zwischen den Bereichen von Theater, Performance und Bildender Kunst arbeitet, zählt zu den Schlüsselfiguren der libanesischen Kunstszene, die sich nach dem (formalen) Ende des Bürgerkriegs in den 1990er Jahren etablierte.

Vor dem Hintergrund der aktuellen arabischen Revolutionen hat Mroué den ursprünglichen Titel der Ausstellung, I, the Undersigned (Ich, der Unterzeichnende), der sich auf eine ältere Arbeit des Künstlers bezieht, gestrichen und ersetzt: im Sinne einer radikalen Neubestimmung seiner Einzelschau in Utrecht.

Der neue Titel – Ich, der Unterzeichnende Das Volk fordert – greift jene Losung auf, die die Volksaufstände in Nordafrika, deren Tragweite wir derzeit kaum abschätzen können, wesentlich beflügelt. Zugleich ist Das Volk fordert Titel der jüngsten Arbeit des Künstlers. Sie besteht aus einem Wandtext, der dieses Satzfragment durch eine Auswahl möglicher – und dabei auch widersprüchlicher – Forderungen ergänzt.

Die Streichung des ursprünglichen Titels findet ihre Entsprechung in der Streichung des Werkes I, the Undersigned in der Stuttgarter Ausstellung, von der nur einige wenige Spuren zu sehen sein werden. In dieser Arbeit entschuldigt sich der Künstler persönlich für sein Verhalten während des Bürgerkriegs im Libanon. Angesichts der revolutionären Massen, die sich derzeit zusammenfinden, entschied Mroué sich dazu, die subjektive Position des „Ichs“ zugunsten dieser Massen zu verlagern. So versteht sich die neue Arbeit, Das Volk fordert, als Hommage an das Wiederaufleben des Gemeinschaftssinns, reflektiert jedoch zugleich die Ambivalenz, die dem Druck der Masse innewohnt.

Mroué setzt sich in seinen Werken mit den anhaltenden Konflikten im Libanon und so genannten Nahen Osten auseinander. Die politischen und kulturellen Kontexte dieser Konflikte werden ebenso beleuchtet wie allgemeine Fragen nach der Konstruktion von Identität, Geschichte und Erinnerung.

Mroués Arbeiten, die auf Dokumenten – Zeitungsausschnitten, vorgefundenen Fotos und Videos et cetera – aus seinem umfangreichen Archiv basieren, durchkreuzen unentwegt die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit. Sie verschränken „Fakten“ der Vergangenheit mit Spekulationen über die Gegenwart, individuelle mit kollektiven Erfahrungen.
Dabei geht es Mroué weniger um das Erinnern, als vielmehr um das Vergessen – ein Vergessen im Sinne eines aktiven Prozesses der Bewältigung.

deueng
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