Chantal Akerman: Jeanne Dielman 23, Quai du commerce, 1080 Bruxelles, 1975, Filmstill
Petra Bauer: SCOT-PEP, Workers!, 2018, Production Shot

Widerständige Musen. Delphine Seyrig und die feministischen Videokollektive im Frankreich der 1970er und 1980er Jahre

Im Rahmen der Ausstellung Widerständige Musen. Delphine Seyrig und die feministischen Videokollektive im Frankreich der 1970er und 1980er Jahre lädt der Württembergische Kunstverein zwei Künstlerinnen ein, Saddie Choua und Petra Bauer, die Arbeiten geschaffen haben, die sich direkt auf Chantal Akermans ikonischen Film Jeanne Dielman, 23 quai du Commerce, 1080 Bruxelles von 1975 beziehen. Akermans Film, in dem Delphine Seyrig die Hauptrolle spielt und der laut einer kürzlich durchgeführten Umfrage der britischen Zeitschrift Sight & Sound „der beste Film aller Zeiten“ ist, markiert einen Wendepunkt in Seyrigs Karriere von einer gefeierten Schauspielerin des französischen Autorenkinos zu einer feministischen Aktivistin.

Freitag, 31. März 2023, 19 Uhr
Saddie Choua. Über die Beziehungen zwischen Chantal Akermans Jeanne Dielman (1975) und Ousmane Sembènes La Noire de ... (1966)
Mit Saddie Choua
Moderation: Iris Dressler
In Englischer Sprache
 
In einem Video von Saddie Choua, das Teil ihres Video-Triptychons Today is the Shortest Day of the Year, But Somehow Hanging Around With You All Day Makes it Seem Like the Longest (Heute ist der kürzeste Tag des Jahres, aber den ganzen Tag mit dir zu verbringen, lässt ihn wie den längsten erscheinen), fragt die Künstlerin, inwieweit Chantal Akermans Film Jeanne Dielman auf Ousmane Sembènes Film La noire de ... (Die Schwarze aus …) von 1966 zurückgeht. Im Zentrum von Jeanne Dielman steht der monotone Alltag einer weißen verwitweten Hausfrau und Mutter, die sich gelegentlich prostituiert und schließlich einen Kunden ermordet. La noire de ... kreist um das Leben Diouanas, einer jungen aus dem Senegal stammenden Schwarzen Frau, die unter sklavenartigen Bedingungen für eine französische Familie arbeitet. Diouana, die zunehmend aufbegehrt, bringt sich am Ende um. Choua vergleicht mehrere Schlüsselszenen aus beiden Filmen miteinander, die starke inhaltliche und ästhetische Ähnlichkeiten aufweisen.
 
Saddie Choua (*1972) ist eine belgisch-marokkanische Schriftstellerin, Künstlerin und Filmemacherin. Sie wurde als Soziologin ausgebildet. In ihrer künstlerischen Arbeit geht sie häufig von „dokumentarischem“ Material aus und verschränkt dieses mit fiktionaler Literatur, Musik, Theater und Installationen. 2007 drehte sie den Film Mijn zus Zahra (Meine Schwester Zahra), in dem sie die Reaktionen ihrer eigenen Familie auf die (homo)sexuellen Neigungen ihrer Schwester untersucht. Choua war Stipendiatin an Institutionen wie Wiels (Brüssel), Cité Internationale des Arts (Paris) und der Kunsthal in Gent.

Dienstag, 4. April 2023, 19 Uhr
Petra Bauer & SCOT-PEP, Workers!, 2019, 38'

Vorführung, gefolgt von einem Zoom-Gespräch mit Petra Bauer und Iris Dressler
In Englischer Sprache

Für den Film Workers! war, neben Chantal Akermans Jeanne Dielman, auch das im selben Jahr entstandene Video Les Prostituées de Lyon Parlent (Die Prostituierten Lyons reden) von Carole Roussopoulos, der Mitstreiterin Delphine Seyrigs, bedeutsam – vor allem ihre feministische Haltung, Filme mit den, nicht über die Dargestellten zu machen. Roussopoulos Video entstand im Kontext einer von Prostituierten durchgeführten Besetzung einer Kirche in Lyon, eine Aktion, die einen der Schlüsselmomente der Bewegung für die Rechte von Sexarbeiter*innen markierte. Workers! ist ein Gemeinschaftsprojekt der Künstlerin und Filmemacherin Petra Bauer und der von Sexarbeiter*innen geführten Organisation SCOT-PEP. Der Film kreist um die Erfahrungen eines Kollektivs von Sexarbeiter*innen in Schottland, ihren Kampf für Arbeitsrechte sowie ihre Beziehung zur (Frauen-)Arbeit. Gedreht wurde er im Scottish Trade Union Congress (STUC) in Glasgow, einem Gebäude, das seine Wurzeln in den Kämpfen der Arbeiter*innen um Rechte und politische Repräsentation hat. "Wenn man als Sexarbeiter*in seine Stimme erhebt, muss man ständig zwischen Anonymität und Sichtbarkeit abwägen [...]. Das wurde zu einem interessanten Ausgangspunkt für die Gruppe." (Frances Stacey, Production Dossier, 2019). Im Film verweisen insbesondere jene Passagen, die um Haushalts- und Organisationsarbeit kreisen, auf die ästhetische Sprache von Jeanne Dielman.

Die Künstlerin und Filmemacherin Petra Bauer ist Leiterin des Fachbereichs für Forschung und Weiterbildung in Architektur und bildender Kunst am Royal Institute of Art in Stockholm. Sie engagiert sich aktiv in Frauengemeinschaften, wo sie gemeinsam mit anderen erforscht, wie sich künstlerische Methoden für das Zusammenarbeiten und -leben anwenden lassen. Seit vielen Jahren beschäftigt sich Bauer sowohl aus politischer als auch aus ästhetischer Perspektive mit der Frage, wie sich Frauen sowohl in der Geschichte als auch in der heutigen Welt organisiert, gewehrt und widersetzt haben.

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