Irgendetwas im Raum entzieht sich unseren Versuchen des Überfliegens

Charbel Ackermann, The New Geometry, 2003 – 2006
Francis Alÿs, Sleepers, 1999 – 2006, Courtesy: der Künstler, David Zwirner Galerie, New York
Francis Alÿs, Sleepers, 1999 – 2006, Courtesy: der Künstler, David Zwirner Galerie, New York
Ricardo Basbaum, Influences, Me-You Series, 2002
Ricardo Basbaum, Relations, Love Songs Series, 2000
Samuel Beckett, Quadrat I, 1981, Courtesy: Suhrkamp Verlag, SWR
Samuel Beckett, Quadrat II, 1981, Courtesy: Suhrkamp Verlag, SWR
Samuel Beckett, Quadrat II, 1981, Courtesy: Suhrkamp Verlag, SWR
Samuel Beckett, Quadrat I und II, Diagramm
Peggy Buth, Superparadise, 2013, Detail
Peggy Buth, Superparadise, 2013, Detail
Yao Jui-Chung, Roaming Around the Ruins, 1991–2011
Yao Jui-Chung, Roaming Around the Ruins, 1991–2011
Yao Jui-Chung, Roaming Around the Ruins, 1991–2011
Šejla Kameric, Measure, 2012, Courtesy: Galerie Tanja Wagner, Berlin
Rabih Mroué, The Pixelated Revolution, 2012
Rabih Mroué, The Pixelated Revolution, 2012
Rabih Mroué, The Pixelated Revolution, 2012
Manuela Ribadeneira, Hago Mío Este Territorio (Ich erkläre dies zu meinem Territorium), 2007
Bill Spinhoven van Oosten, It’s about time #2, 1992
Mona Vatamanu & Florin Tudor, Rite of Spring, 2010
Mona Vatamanu & Florin Tudor, Rite of Spring, 2010
Mona Vatamanu & Florin Tudor, Land Distribution, 2010
Mona Vatamanu & Florin Tudor, Land Distribution, 2010
Mona Vatamanu & Florin Tudor, Land Distribution, 2010
Ester Vonplon, Wenn das Wetter ..., 2006 - 2008
Ester Vonplon, Wenn das Wetter ..., 2006 - 2008
Ester Vonplon, Wenn das Wetter ..., 2006 - 2008
Ester Vonplon, Wenn das Wetter ..., 2006 - 2008

WERKE IN DER AUSSTELLUNG
Courtesy (wenn nicht anders vermerkt): die KünstlerInnen

Charbel Ackermann
The New Geometry, 2003 – 2006

Installation mit 20 Zeichnungen, Tafel, Banner
---
Die Installation von Charbel Ackermann greift das geflügelte Wort von der Achse des Bösen auf und untersucht diese abstruse Konstruktion mittels unterschiedlicher geografischer und physikalischer Verfahrensweisen. In der ironischen Übertreibung der Untersuchung werden verschiedenste, von der offiziellen Politik nicht betrachtete Faktoren sichtbar, wenn zum Beispiel das Bild Axis of Evil Mostly in the Dark den fehlenden Zugang der sogenannten Schurkenstaaten zu Elektrizität nachdrücklich ins Bild rückt.

Francis Alÿs
Sleepers, 1999 – 2006

Diainstallation mit 80 Kleinbild-Diapositiven
Courtesy: der Künstler, David Zwirner Galerie, New York
---
In seiner Diainstallation Sleepers bringt Francis Alÿs die Kameraperspektive auf die Ebene von Obdachlosen und Hunden, die in Mexiko City auf der Straße schlafen. Der stark voyeuristische Blick richtet sich auf gleichermaßen friedliche und anmutige wie äußerst prekäre Situationen. Während der Akt des Schlafens einen Moment entspannter Ruhe von höchster Intimität und Privatheit, aber auch des maximalen Ausgeliefertseins charakterisiert, verweist das Umfeld des öffentlichen Raums darauf, dass die eigentlich verbürgten Schutzräume des Menschen längst nicht mehr allen zur Verfügung stehen.

Ricardo Basbaum
Rauminszenierung aus diversen Diagrammen, 2014

Etc.-Artist Series, Diagramm, 2004; Behavior, Me-You Series, Diagramm, 2005; Connections, Me-You Series, Diagramm, 2007; Identity, Me-You Series, Diagramm, 1996; Influences, Me-You Series, Diagramm, 2002; Love, Art & Life Series, Diagramm, 1994, Me/You Superpronoun: 9 Me-You Choreographies, Diagramm, 2003; Place, Local Global, Diagramm, 2007; Redirection Passageways, Diagramm, 2001; Relations, Love Songs Series, Diagramm, 2000; Space Transcrossing, Diagramm, 2002; Transformation, Me-You Series, Diagramm, 1999
---
Mit Begriffen wie Verhalten, Verbindungen, Identität, Einflüsse, Liebe, Kunst und Leben oder Relationen betitelt Ricardo Basbaum seine Diagramme, die sich auf persönliche Erlebnisse, kollektive Erfahrungen oder Handlungsabläufe beziehen. Versehen mit unterschiedlichen Hintergrundfarben bilden diese Karten scheinbar ein System zur Beschreibung verschiedenster konkreter Situationen. Durch die Präsenz und Inszenierung im Raum in Form von Wandtapeten, Plakatarchiven oder Flyern zum Mitnehmen wird die Dechiffrierung zusätzlich sinnlich wie inhaltlich verzettelt.

Samuel  Beckett
Quadrat I und II, 1981

Video; Darsteller: H. Foron, J. Hummel, C. Knupfer, S. Rehe; Produktion: Süddeutscher Rundfunk
Courtesy: Suhrkamp Verlag, SWR
--
Der absolut Raum des Quadrats, das heißt des Gevierts der Bühne, und die genau definierten Laufdiagonalen der vier Akteure bilden das choreographische Schema der Fernsehproduktion Quadrat I und II, die Beckett 1981 in Stuttgart realisierte. Die Akteure sind bis zur Erschöpfung an den abstrakten, sich als absolut manifestierenden Raum gebunden. Das Außen ist ein schwarzes Loch, ein Nichts, aus dem die Protagonisten erscheinen und in das sie ebenso wieder verschwinden.

Lysann Buschbeck
Glas splittern, 2011

Video, Farbe, Ton, 3’
---
Das Video Glas splittern trägt im weitesten Sinne autobiografische Züge. Als Lysann Buschbeck 1997 in das sozial prekäre Hechtviertel von Dresden zog, hatten sich Jugendliche in der direkten Nachbarschaft eine leerstehende Wohnung angeeignet. Die Künstlerin begann über mehre Jahre das Leben dieser Jugendlichen mit der Kamera zu begleiten. Das Video zeigt Maise, eine der ProtagonistInnen der Fotoserie, wie sie durch eine lebensgroße Glasscheibe, die sie selbst in den Händen hält, über mehrere Minuten im Laternenlicht einer nächtlichen Straße gefilmt wird. Sie schaut in die Kamera, an derselben vorbei, schaut sich um, wirkt gelangweilt und schmeißt am Ende die Scheibe auf den Boden: Glas splittert.

Peggy Buth
Superparadise, 2013

20teiliges Foto-Text-Tableau, Dreikanal Videoinstallation
Produziert im Rahmen des Werkleitz Festivals 2013, Halle
Courtesy: Klemms, Berlin
---
In der Foto- und Videoinstallation Superparadise nähert sich Peggy Buth fotografisch dem Nollendorf-Kiez an, der sich seit den 1970er-Jahren als gelebte queere Utopie etabliert hat. Diese queere Raumnahme und die damit einhergehende Sichtbarkeit – bzw. Besetzung des Sichtbaren – machen den Kiez zugleich zu einem Zentrum homophober Gewalt. Buth kombiniert die Fotomontagen, die sie zu den Orten angefertigt hat und die häufig eine Person doppelt, das heißt in einer gespensterhaften, zeit-räumlichen Verschiebung zeigen, mit Texten zu den konkreten Vorfällen von Gewalttaten gegen Homosexuelle. Die Bild- und Textinhalte haben dabei keinen direkten Bezug zueinander. In dieser Arbeit manifestiert sich das Paradox, dass ein Raum, der besetzt und angeeignet wurde, um Freiheitsverhältnisse auszuhandeln, zugleich Katalysator für Gewaltexzesse ist. Das heißt auch, dass der Raum der Utopie im Gestus der Aneignung als nicht teilbar missverstanden wird.

Olga Chernysheva
The Train, 2003

Video, Schwarzweiß, 7’ 30’’
Courtesy: Die Künstlerin und Galerie Diehl, Berlin
---
Das Video zeigt eine Zugfahrt irgendwo in Russland. Bettler, Musiker und andere Reisende strömen der Kamera entgegen, die sich vom letzten Wagon allmählich bis an die Spitze des Zugs bewegt. Im Inneren des Zugs, dessen Raum gegen den Strom der Zeit unverändert bleibt, treffen sich jene, die durch den Zusammenbruch der Sowjetunion zur Mobilität gezwungen wurden.

Juan Downey
Video Trans Americas (V.T.A), 1976

14teilige Videoinstallation, Schwarzweiß, Ton, Umriss des Amerikanischen Kontinents
Courtesy: Museo Nacional Centro de Arte, Reina Sofia, Madrid
---
Ein ikonisches Werk schlechthin zu den Odysseen zwischen verschiedenen Räumen, Zeiten, Kulturen, politischen Manifestationen und mythologischen Projektionen ist die von Juan Downey zwischen 1973 und 1976 realisierte raumgreifende Installation Video Trans Americas. Ausgehend vom urbanen Zentrum des Westens im 20. Jahrhundert, New York, begibt sich der Künstler auf eine Reise in Richtung seiner chilenischen Heimat. In dem 14teiligen Videoessay verschränken sich die Form des Reiseberichts mit Gesten des Dokumentarischen, die zugleich im Bildschnitt wie der Form der Inszenierung im Ausstellungsraum fragmentarisiert werden. Die Reise ist mit dem Begehren verbunden, sich selbst im Prozess der Reise zu verorten. Ein Begehren, das am 11. September 1973 jäh unterbrochen wird, als General Augusto Pinochet mit Unterstützung der USA den Palast des sozialistischen Präsidenten Allende bombardiert. Juan Downey notiert: „I shall never, never, never forgive!“

Susan Hiller
Dream Mapping, 1973

Dokumentarische Rekonstruktion
---
Im Sommer 1973 lud Susan Hiller zur Teilnahme an einer gemeinsamen Traumaktion ein, die auf einem Feld stattfand, das sogenannte fairy rings aufwies. Es handelt sich dabei um kreisrunde Erhebungen, die durch Besonderheiten des Untergrunds oder Pflanzenwachstum erzeugt werden. Die fairy rings sind mit diversen mythologischen Erzählungen verbunden. Sie markierten im Rahmen von Hillers Aktion jene Zonen, innerhalb derer sich die TeilnehmerInnen zum Träumen niederlegten. Die Gruppe hatte sich schon im Vorfeld zu einem Traumseminar getroffen, bei dem verschiedene kartografische Verfahren zur Erfassung von Träumen bzw. Traumlandschaften erörtert wurden. Die gemeinsam entwickelten Verfahren bildeten die Grundlage dafür, Karten der Traumerlebnisse aufzuzeichnen und mit denen der anderen TeilnehmerInnen zu überlagern.

Yao Jui-Chung

Roaming Around the Ruins, 1991–2011
The Civilization Built by Skeleton, 1991–2011; Quiet on the Western Front, 2003–2011; Gods & Idols Surround the Border, 1991–2011

Mehrteilige fotografische Langzeitdokumentation, Schwarzweiß
---
Roaming lässt sich mit streunen übersetzen. Es ist vielleicht eine der profiliertesten Gesten der Kunst, sich ziellos aber involviert einer Sache zu nähern, ein Phänomen auszumachen und um es „herumzustreunen“, bis es sich in seiner gesamten Widersprüchlichkeit und zugleich seinem präzisen Gegenwartsbezug zeigt. Die über 300 Fotografien umfassende Serie Roaming Around the Ruins des taiwanesischen Künstlers Yao Jui-Chung, von der in der Ausstellung eine stark reduzierte Auswahl gezeigt wird, „streunt“ um den aktuellen Konflikt der taiwanesischen Gesellschaft. Dieser hat sich zwischen dem Strukturwandel von der klassischen industriellen Produktion zur Dienstleistungsgesellschaft und der ökonomisch bedingten Aufhebung der militärischen Konfrontation mit China entspannt. Ziel seiner Reise in die Repräsentationsräume dieses Konflikts sind leer stehende Militär- und Industriekomplexe sowie zurückgelassene Vergnügungs- und Religionsparks. Letztere verweisen, neben den gescheiterten Investitionen in die neuen verheißungsvollen Unterhaltungsindustrien, auf den Umstand, dass die globale Erwärmung die Stärke der Taifune in der Region wesentlich erhöht hat. So taugen bestimmte Küstenregionen mittlerweile nicht mehr zum Bauland. Roaming Around the Ruins ist somit weit entfernt von jeglicher Form der Ruinenromantik.

The Mosquito Project, 2010­–2013
Mirage. Disused Public Property in Taiwan
---
The Mosquito Project ist unmittelbar mit Roaming Around the Ruins von Yao Jui-Chung verbunden. Im Rahmen seiner Recherchen stieß der Künstler auf überall in Taiwan verstreute Ruinen, die meist auf fehlgeleiteten Investitionen des Staates beruhen. Da die schiere Masse dieser im Dunstkreis von Korruption und exaltierter „New Town Development Projects“ entstandenen Ruinen unmöglich von einer Person dokumentiert werden konnten, macht er die Dokumentation zum Gegenstand eines Seminars an der Taipei National University of Arts. Der Titel The Mosquito Project hat mit dem feuchtwarmen Klima Taiwans zu tun, das aus den Ruinen ideale Brutstätten für Moskitos macht.

siren eun young jung

Act of Affect, 2013, 15:36’
Act of Affect, 2013, 19:28’
Lyrics I, 2013, 2:39’ (Loop)
Lyrics II, 2013, 6:12’ (Loop)
Lyrics III, 2013, 3:21’(Loop)
5teilige Videoinstallation, Farbe, Ton
--
Eine sehr spezifische Annährung an bestimmte Transformationen, die mikrosoziale Gemeinschaften strukturieren und zugleich Potenziale für neue Wirklichkeitsaneignungen bieten, beschreibt siren eun young jung. Die Künstlerin folgt auf verschiedenen Zeit- und Erzählebenen Schauspielerinnen, die sich dem traditionellen koreanischen Yeosung Gugeuk, einem populären Gesangs- und Tanztheater verschrieben haben, in dem auch die männlichen Rollen von Frauen gespielt werden. Die Absolutheit des temporären, auf der Bühne aufgeführten Geschlechtertauschs, der Sprechakt und körperlichen Ausdruck gleichermaßen betrifft, erzeugt auch ein radikal verschobenes Verhältnis zum alltäglichen Raum jenseits der Bühne.

Šejla Kameric
Measure, 2012

Installation, Rote Baumwolle (Netzshirt), Stahlnägel
Courtesy: Galerie Tanja Wagner, Berlin
---
Die Wandinstallation besteht aus einem roten Netzshirt, das von hunderten Stahlnägeln auf eine Höhe von 59 cm und eine Länge von 240 cm gestreckt wird.

Rabih  Mroué
The Pixelated Revolution, 2012

Installation, Video, Fineart Prints, Wandtext
---
Die auf der gleichnamigen Performance beruhende Videoinstallation The Pixelated Revolution von Rabih Mroué bezieht sich auf ein im Kontext der aktuellen Konflikte in Syrien entstandenes Video, das der Künstler im Internet fand. Das Video wurde scheinbar von einem Rebellen aufgenommen, der im Moment des Kamera/Augenkontakts mit einem Scharfschützen von eben diesem beschossen wird, woraufhin das Video mit einem Schwarzbild endet und dem Ausruf des Rebellen, dass er getroffen sei. In einer unerhörten räumlichen und medialen Verdichtung zwischen der Tat und ihrer Aufzeichnung, zwischen dem Ort bzw. der Wirklichkeit des Geschehens und dem Ort bzw. der Wirklichkeit des Betrachters sowie zwischen den Perspektiven von Rebell, Kameraauge, Gewehrlauf und Betrachter lösen sich sämtliche Gewissheiten auf. Bis zur Erschöpfung bleibt hinterfragbar: Was haben wir in dieser räumlich medialen Gemengelage tatsächlich gesehen?
 
Uriel Orlow
The Short and the Long of It 14.0, 2010–2014

Installation: Anatopism, Diaprojektion, 81 Dias, 2010; The Bitter Lake Chronicles, 21 Pigmentdrucke auf Hahnemühlenpapier, Malerei; Lessepsian Migrants, Serie von 23 Zeichnungen, 2011; By Way of Illustration Fig. (Nationalisation), Einkanal-Video, Pigment Druck, 2012
Courtesy: Seventeen Gallery, London; LUX, London
---
Bei den Installationen von Uriel Orlow handelt es sich meist um Konstellationen aus verschiedenen Werken, die räumlich und zeitlich entlang mehrerer historischer Ereignisse miteinander verwoben werden. Dabei geht es weniger um die  Simultaneität der Ereignisse, sondern vielmehr um deren groteske Zuspitzung: allerdings ohne auf einen dramaturgischen Höhepunkt hinauszulaufen. So bildet der Sechstagekrieg 1967 zwischen Israel, Ägypten, Jordanien und Syrien, dem eine achtjährige Sperrung des Suezkanals folgte, die Rahmenhandlung für eine inmitten dieser multilateralen Konfliktsituation entstehende pannationale Enklave. Auf Grund der Kriegshandlungen saßen 14 Transportschiffe im Suezkanal fest. Die Schiffbesatzungen ließen sich an dem sogenannten Great Bitter Lake nieder und gründeten die Great Bitter Lake Association (GBLA). Weder wurde die Konstitution dieser Mikrostaatengemeinschaft von der nationalen Annektierung der Suez Region durch Ägypten tangiert noch bemerkte die Makrostruktur der geopolitischen Konfliktparteien, dass mitten in ihrem Territorium die GBLA Olympiade durchgeführt wurde. Und als wäre es an Absurdität nicht genug, bilden die Bitter Lakes zugleich das geobiologische Sperrgebiet für eine besondere, nach dem Erbauer des Suezkanals Ferdinand de Lesseps benannten Art der Migration: der Lessepsschen Migration, bei der sich territorial untypische Fischarten (und andere Organismen) im Mittelmeer ausbreiten, die ursprünglich im Roten Meer beheimatet waren.

Manuela Ribadeneira
Hago Mío Este Territorio (Ich erkläre dies zu meinem Territorium), 2007

Installation mit graviertem Messer
---
Die Arbeit besteht aus einem beleuchteten Klappmesser, das auf Augenhöhe in die Wand gerammt wurde. Auf der Klinge des Messers ist spiegelverkehrt der Satz „Hago Mio Este Territorio“ (Ich erkläre dies zu meinem Territorium) eingraviert. Erst die immaterielle Lichtreflexion der Schrift auf der Wand macht den Text lesbar.

Bill  Spinhoven van Oosten
It’s about time #2, 1992

Interaktive Installation, Uhr, Monitor, Kamera, Computer
---
Eine überdimensionierte, gestellartige Uhr steht im Raum und dreht sich gleichmäßig um die eigene vertikale Achse. Am Ende des Raums erscheint sie noch einmal in einer live übertragenen Datenprojektion, allerdings hier nicht in Kreisform, sondern verzerrt zu einer Möbiusschleife. Eine ähnliche Transformation widerfährt den Besuchern, wenn sie in den Raum treten. Sie erscheinen im projizierten Bild nurmehr als Wischspuren oder aufgelöst in Spiralen. Ihr Abbild stabilisiert sich immer nur dann, wenn sie sich nicht bewegen. Bill Spinhoven van Oosten, der zu den ersten Akteuren der interaktiven Kunst zählt, hat im Rückbezug auf die Einsteinsche Relativitätstheorie eine einfache, aber wirksame Manipulation des Kamerabildes vorgenommen: Die Bildpunkte, die sich auf der X- und Y-Achse verteilen, werden mit einer minimalen zeitlichen Verzögerung zusammengefügt. Der Künstler hat das Programm für diese Bildmanipulation Ende der 1980er-Jahre selbst entwickelt.

Mona Vatamanu & Florin Tudor

Rite of Spring, 2010

Videoinstallation, 7'51"
---
Das Video folgt Kindern, die auf den mit weißen Pappelsamen übersäten Straßen irgendeiner osteuropäischen Stadt spielen. Das Spiel braucht nicht mehr als ein noch halbwegs funktionsfähiges Feuerzeug und diesen extrem leicht zu entzündenden Samen. Die Kinder fackeln nacheinander verschiedene Stränge des ebenso schnell aufflammenden wie erlöschenden Flaums der Pappelbäume ab. Angeschmiegt an die urbanen Oberflächen zeichnet jeder Brand die Konturen von Straßenbordsteinen, Müll oder Grasbüschel, die durch den Asphalt gewachsen sind, nach. Der Kameraausschnitt, die schlichte Konzentration auf diese unglaublich ökonomische Spielhandlung und der Feuersturm en miniature, der sich durch die Peripherie der Stadt zieht, erzeugen eine Vielzahl von Deutungsmöglichkeiten.

Land Distribution, 2010
Installation, Dimensionen variabel
---
Die Installation besteht aus dünnen Eisenstangen und braunen Videomagnetbändern, die im Raum eine Folge von gleichmäßig abgesteckten Feldern markieren. Videoband wird von der Landbevölkerung in Venezuela eingesetzt, um die Grundstücke, die sie aus politischem Druck von den Großgrundbesitzern erhielt, gegenüber den Nachbarn abzugrenzen. Das obsolete Material der Unterhaltungsindustrie wird auch von den KünstlerInnen aus seinem ursprünglichen Gebrauchszusammenhang herausgelöst. Im Bild der abgesteckten Claims scheinen eine Reihe von Anspielungen über die neuen und alten Verteilungskämpfe von Raum und Besitztum auf, wie sie auch in den postsozialistischen Ländern (hier in der Regel vom kollektiven Besitz zum Eigentum) stattgefunden haben oder im Zuge neoliberaler Formen der Enteignung. Zugleich verweist es auf das Skulpturen- und Raumprogramm des Minimalismus oder die zumindest kurzzeitige Utopie, dass das Medium Video zu einer Demokratisierung des medialen Raums beitragen würde.

Ester Vonplon
 
Wenn das Wetter nicht mehr kaputt ist, werden wir spazieren gehen.
Rahovec / Orahovac – Kosovo, 2006 - 2008

Fotoserie, Inkjetprints, Schwarzweiß
 
Es gibt nicht mehr Sonne.
Rahovec / Orahovac – Kosovo, 11/2007

Serie von Polaroids
---
Einer im Kosovo lebenden, staatenlosen Roma Familie, die Ester Vonplon seit mehreren Jahren fotografisch begleitet, blieb in den Wirren der sich neu bildenden Staaten auf dem Gebiet Ex-Jugoslawiens nur übrig, sich an einem KFOR Stützpunkt anzusiedeln.
 
"Rahovec / Orahovac – Kosovo, Frühling 2008
Stundenlang spielten wir auf den Feldern außerhalb der Stadt Fußball oder spazierten ziellos durch die hügelige Landschaft. Dabei erzählten mir die Kinder die Geschichte von den maskierten Männern, die nachts über die Stadt herfallen.
Sie lehrten mich das Tanzen und Singen. Wenn es dunkel wurde, luden mich die Frauen der Familie auf eine Tasse Mocca zu sich nach Hause ein. Meine Zukunft wurde gelesen. Ein lieber Mann, viele Kinder, Schmuck... eine wichtige Nachricht.
Heute besuche und fotografiere ich noch immer dieselbe Familie in der geteilten und durch KFOR- Truppen geschützten Kleinstadt. Der neu gegründete Staat hat die Situation der Minderheiten in diesem Land nicht verbessert. Gefeiert haben sie nicht. Egal wer an der Macht ist, war oder sein wird, für sie wird sich die Situation kaum verbessern-" (Ester Vonplon).

weitere Infos / Einführung …
weitere Infos / Termine + Credits …

deueng
suchenImpressum
instagramfacebooktwitteryoutube
Schlossplatz 2
D-70173 Stuttgart
Fon: +49 (0)711 - 22 33 70
Fax: +49 (0)711-22 33 791
zentrale@wkv-stuttgart.de
Württembergischer Kunstverein Stuttgart