Künstlerhaus Büchsenhausen, Labor

Andrei Siclodi

VORTRAG
Der Ort des Hinterfragens. Über investigative Kunstpraxen und kritische Wissensproduktion im institutionellen Setting einer prekären Residency
Dienstag, 2. Dezember 2014, 19 Uhr

Andrei Siclodi ist Direktor des Künstlerhauses Büchsenhausen in Innsbruck und Gründungsleiter des Internationalen Fellowship-Programms für Kunst und Theorie, das seit 2003 in Büchsenhausen stattfindet.
http://www.buchsenhausen.at

Abstract
Seit einiger Zeit steht ein Aspekt zeitgenössischer Kunst hoch im Kurs theoretischer Erörterungen: die Kunst als Feld und Medium spezifischer Wissensproduktion. Vor allem im Zusammenhang mit der disziplinären Praxis, die der akademische Betrieb als „künstlerische Forschung“ bezeichnet, wird immer wieder – und vor allem von dieser Seite – gebetsmühlenartig auf die unablässige Notwendigkeit einer stabilen Verankerung der künstlerischen Wissensproduktion hingewiesen, die mit einer gesellschaftskritischen (Selbst-)Reflexion der Kunst und ihrer ProduzentInnen einhergehen muss. In der globalisierten Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts, so der Grundtenor, müsse die Kunst sich rechtzeitig positionieren, um die eigene gesellschaftliche Relevanz zu behaupten und auf längerer Sicht zu sichern. Die akademische Normierung einer künstlerischen Kritikalität wird mit diesen Argumenten nationalstaatlich gefördert und bildungspolitisch pragmatisiert (wie man früher in Österreich noch so schön sagen durfte). Doch kann eine solche von oben geförderte und durch akademische Curricula normierte Kritikalität jenseits eines selbtreferenziellen Rahmens tatsächlich wirksam sein? Zementiert sie nicht eher, entgegen allem gut Gemeinten, bestehende Hegemonien und (Distributions-)Ökonomien des Wissens? Und welche Alternativen könnten einem immer dominanter werdenden Theorie- und Praxisdiskurs „künstlerischer Forschung“ entgegen gesetzt werden?

Seit gut 10 Jahren findet im Künstlerhaus Büchsenhausen in Innsbruck, einer Einrichtung der regionalen Künstler_innenvereinigung "Tiroler Künstlerschaft", das Internationale Fellowship-Programm für Kunst und Theorie statt. Dem Programm liegt die Idee zugrunde, vor Ort einen Produktions- und Diskussionskontext zu generieren, in dem Künstler_innen und Theoretiker_innen überregionale Kunst- und Gesellschaftsdiskurse mit lokalen Themen in Zusammenhang bringen und reflektieren. Mit vergleichsweise geringen Mitteln wird hier ein Laboratorium investigativer Kunstpraxen erprobt, das Möglichkeiten emanzipatorischer Gesellschaftskritik durch Kunst und Kunsttheorie auslotet. Die Präsentation im Württembergischen Kunstverein wird diese Kunstpraxen, die im institutionellen Setting einer prekären Residency elaboriert werden, beispielhaft erörtern und sie im Hinblick auf ihr widerständiges Potenzial gegenüber dominanten Wissensdiskursen und -ökonomien diskutieren.

Andrei Siclodi (*1972 in Bukarest) ist ein Kurator, Autor, Herausgeber und Kulturarbeiter, der in Innsbruck lebt und arbeitet. Er ist Direktor des Künstlerhauses Büchsenhausen in Innsbruck und Gründungsleiter des Internationalen Fellowship-Programms für Kunst und Theorie, das seit 2003 in Büchsenhausen stattfindet. Andrei Siclodi hat Kunstgeschichte und vergleichende Literaturwissenschaft in Innsbruck studiert und interessiert sich für Formen kritisch-emanzipatorischer Wissensproduktion in der Kunst sowie für deren Verhältnis zu anderen Wissensdispositiven. Jüngste kuratorische Projekte inkludieren Widerstand und Amnesie – Zur Formierung gesellschaftlicher Erinnerung (mit Bisan Abu-Eisheh, Annalisa Cannito, Raja'a Khalid und Emma Wolukau-Wanambwa), Künstlerhaus Büchsenhausen, bis 19.12.2014, Widerspruch und Gewissheit (mit Sezgin Boynik, Mihaela Brebenel & Vlad Morariu, Fokus Grupa, Freee Art Collective, Petra Gerschner, Cathleen Schuster & Marcel Dickhage), Kunstpavillon, Innsbruck, 2014 und Collectivity Matters (mit J. K. Bergstrand-Doley, Dominique Hurth, Marcel und Anna (Mac), David Rych). Als Herausgeber und Autor ist er für die Publikationsreihe BÜCHS‘N’BOOKS – Art and Knowledge Production in Context verantwortlich, in der zuletzt das Büchsenhausen-Lexikon, eine Dokumentation der ersten 10 Jahre Fellowship-Programm in Büchsenhausen (2014) sowie das Buch Private Investigations–Paths of Critical Knowledge Production in Contemporary Art (mit Beiträgen von Alfredo Cramerotti, Judith Fischer, Geoffrey Garrison / Laura Horelli, Alison Gerber, Ana Hoffner, Brigitta Kuster, Ralo Mayer und Alexander Vaindorf / Nina Möntmann), 2011 erschienen.  Er ist außerdem Produzent der monatlichen Radiosendung Büchs'n'Radio auf Radio Freirad (Innsbruck und Umgebung).

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