Public Library – Konferenz

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Anmeldung Konferenz (Eintritt frei): assistenzremove-this@remove-thiswkv-stuttgart.de

Daniel García Andújar

Popular library, sharing books from my community
(Öffentliche Bibliothek, gemeinsame Nutzung von Büchern aus meiner Gemeinschaft)
Große Container voller Wissen müssen ihre Strukturen transformieren. Die öffentliche Bibliothek, deren Konzept den Prinzipien ihre Existenz seit ihren Anfängen im 19. Jahrhundert entspricht, muss ihre Funktionsweise der neuen Wirklichkeit anpassen. In dieser neuen Wirklichkeit muss die öffentliche Bibliothek, für die schon immer Information der Grundstoff war, eine Institution werden, die den Zugang zu Information, lebenslangem Lernen und Schriftkulturgut in einer neuen Umgebung aus digitalen Inhalten und Netzwerk-Kommunikation schnell und preisgünstig sicherstellt. Unsere Idee von Bibliothek zeichnet sich dadurch aus, dass sie die Bibliothek als Zugangsportal zur Informationsgesellschaft und zugleich als Ausgleichsfaktor begreift, der verhindert, dass technologische Weiterentwicklungen den latenten Ausschluss gewisser Gruppen verschärfen. Die digitale Bibliothek ist ganz im etymologischen Sinne des Wortes utopisch, da es nicht möglich ist, sie mittels genauer Raumkoordinaten zu verorten. Wir sind nicht mehr länger daran interessiert, wer die Garanten und Hüter der Information sind, sondern vielmehr daran, dass uns geholfen wird, diese Information in ein aktuelles Wissen umzuwandeln, das der Weiterentwicklung unserer Gesellschaft zugute kommt.    
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Daniel García Andújar (Almoradí, 1966) ist Medienkünstler, Aktivist und Kunsttheoretiker. Er lebt und arbeitet in Barcelona. Die meisten seiner Kunstprojekte beruhen auf gemeinschaftlichen Forschungsprojekten, die verschiedene politische, historische, soziale und kulturelle Phänomene hinsichtlich ihrer medialen Repräsentation kritisch untersuchen: Körperpolitiken, Korruption, Zensur, Fremdenfeindlichkeit, Stadtentwicklung, die Kulturindustrie, der Einschluss und der Ausschluss von Technologien, die Nutzung des öffentlichem Raums etc. Durch Ironie und die Anwendung von Strategien der Präsentation neuer Kommunikationstechnologien hinterfragt sein Werk die demokratischen und egalitären Versprechungen der Medien, wobei ihre Kontrollabsichten hinter dem Anschein von Transparenz kritisiert werden. Mit der Überzeugung, dass die neuen Kommunikationstechnologien unsere Alltagserfahrung verändern, betreibt Andújar ein fiktionales Projekt (Technologies To The People, 1996), um Aufmerksamkeit auf die uns umgebende Wirklichkeit und die falschen Versprechungen einer Wahlfreiheit zu lenken, die in Wirklichkeit zu neuen Formen der Kontrolle und Ungerechtigkeit führt. Er hat verschiedenen Kollektivprojekte im Internet initiiert. Was seine TTTP-Aktivitäten anbelangt, ist besonders auf sein riesiges Postcapital Archive (1989-2001) hinzuweisen. Er hat unterrichtet und zahlreiche Workshops für Künstler und soziale Kollektive in verschiedenen Ländern durchgeführt. Seine Arbeiten wurden vielerorts gezeigt.

Dusan Barok

Poetiken der Forschung
Auch die Geisteswissenschaften – sei es aufgrund des devoten Festhaltens am Kapital oder aufgrund des Erstrebens einer interesselosen Wissenschaftlichkeit – sind nicht dagegen gefeit, leicht die Verbindung zum pulsierenden Leben zu verlieren. Versuche, der Korporatisierung von Bildung entgegenzuwirken wie auch die Verengungen des Spezialistentums aufzubrechen, haben alternative Lerninitiativen und interdisziplinäre Unternehmungen hervorgebracht, die versuchen, Methoden und Sprachen einzuführen, mit denen sich die Begrenzungen der Einzeldisziplinen umgehen lassen. Zu den Vorschlägen, die auf  eine Weiterführung dieser Bemühungen zielen, gehören die Anerkennung von „Open access“ [offener Zugang zu wissenschaftlicher Literatur und anderen Materialien im Internet] als Wert, das Begreifen der Medialiät von Wissen, die Strukturierung von Wissen in modularen Formen – jenseits der Modelle von Baum und Rhizom – und schließlich das Überdenken der Beziehungen zwischen Werk und Arbeit in der praktischen Forschung.   
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Dusan Barok arbeitet als Künstler und Autor in den Bereichen Software, Kunst und Theorie. Er ist Gründer und Herausgeber von Monoskop, ein Wiki für kollektive Studien zu den Themen Kunst, Medien und Geisteswissenschaften. Er ist außerdem Mitglied des Kollektivs La Société Anonyme.

Hans D. Christ / Iris Dressler

Institutionen und ziviler Ungehorsam (Arbeitstitel)
Der Kunstverein versteht sich als Ort einer offenen, auch kontroversen Auseinandersetzung mit den vielfältigen Methoden und Praktiken der zeitgenössischen Kunst – und mit ihren weitreichenden gesellschaftspolitischen Bezugsfeldern. Ausstellung und Debatte, Kunst und Theorie, Forschung und Produktion sind dabei gleichermaßen von Belang. Es geht um einen Handlungsraum, in dem Kunst nicht nur zu besichtigen ist, sondern in dem Kunst und die Beziehungen zwischen Kunst, KünstlerInnen, Institution und Öffentlichkeit beständig neu ausgehandelt werden: in Gesprächen, Diskussionen, Workshops oder Arbeitsgruppen, aber auch durch den Zugriff auf Bücher, Zeitschriften und andere Materialien und Infrastrukturen. Zu diesen Infrastrukturen zählen auch die Räume des Kunstvereins selbst, die lokalen AkteurInnen und Gruppen aus den Bereichen Kunst, gesellschaftspolitisches Engagement und Aktivismus für eigene Treffen, Veranstaltungen und Artikulationen zur Verfügung stehen.
Diese Öffnung des Hauses, das im Zentrum der Stadt Stuttgart liegt, folgt der Notwendigkeit, im städtischen Raum Orte zu schaffen, an denen man sich ohne Konsumzwang treffen kann. Dass der Glastrakt bis heute von so unterschiedlichen Gruppen genutzt wird, hat nicht zuletzt mit der Einmischung des Kunstvereins in die Konflikte um das urbane Großprojekt Stuttgart 21 zu tun: auch als ein Akt des institutionellen Ungehorsams.
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Iris Dressler und Hans D. Christ sind seit 2005 DirektorInnen des Württembergischen Kunstvereins. 1997 haben sie den Hartware MedienKunstVerein in Dortmund gegründet und bis 2004 geleitet.

Vuk Cosic

Documenta Done (Documenta erledigt)
Anekdotenhafter Bericht in der ersten Person über wohl eines der ikonischsten Werke der konzeptuellen „net.art“ aus dem Jahr 1997. Hintergrund und Informationen zum Umfeld des Kunstwerks selbst wie auch eine Diskussion seiner Konsequenzen werden in einem entspannten umgangssprachlichen Ton dargeboten. Teilnahme notwendig.
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Vuk Cosic, Internet-Veteran und international anerkannter Klassiker der Internet-Kunst. Mitbegründer des Ljubljana Digital Medialab sowie von Nettime und Syndicate. Einer der Pioniere der Inter-Kunst, der häufig ausstellt (Reina Sofia, Madrid; Biennale von Venedig; ICA, London; Beaubourg, Paris; ICC, Tokio; Kunsthalle Wie; Digital Artlab, Tel Aviv; ZKM, Karlsruhe; Ars Electronica, Linz; Walker, Minneapolis; Postmasters, NYC; Fridericianum, Kassel; Neue Galerie, Graz; IAS, Seoul; Baltic, Newcastle; Moca, Oslo ...) und Vorträge hält (in Museen: Beaubourg, Paris; Guggenheim, Venedig; CCA, Glasgow; Thing, NYC; LAMoCA, LA; auf Festivals: Hongkong, London, Liverpool, Dessau, Montreal, Banff, Madrid, Gorizia, Kopenhagen ...;  an Kunstschulen und Universitäten: Stockholm, Los Angeles, Chicago, San Francisco, Troy, Dundee, Liverpool, Venedig, Linz, Barcelona ...).
Gegenstand zahlreicher BA-, MA- und PHD-Arbeiten (an den Universitäten von Rom, Sao Paolo, Leads, Manchester, Brüssel, Triest …), der Medienberichterstattung (NY Times, Liberation, La Repubblica, Guardian, Financial Times, Cahiers du Cinema, Artforum, Newsweek, Wired, Haaretz, ORF, CNN, BBC ...) sowie in Schlüsselwerken zu den Neuen Medien (MIT press, Thames & Hudson, Tate, Taschen, Baltic ...).

Sean Dockray

Institution - Infrastructure - Movement
Der Vortrag greift die beiden selbstständigen und doch miteinander verbundenen Geschichten der Plattformen The Public School und AAAARG.ORG auf, in deren Zentrum das Teilen von Wissen steht. Diskutiert werden soll dabei, wie Deinstitutionalisierung im Kontext des Internets neues Wissen generieren kann.
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Sean Dockray ist ein Künstler, der zur Zeit in Melbourne, Australien, lebt. Er war einer der Gründungsdirektoren der non-profit Organisation Telic Arts Exchange, Los Angeles, die für ihr kritisches Engagement im Bereich der Neuen Medien und Kultur bekannt wurde. Dockrays Tätigkeit reicht vom Texte- und Software-Schreiben bis zur Entwicklung komplexer Plattformen, die viele Beteilige über einen langen Zeitraum involvieren und sich verselbstständigen. Dockray initiierte The Public School und AAAARG.ORG.

Dubravka Sekulic

Dubravka Sekulic (1980, Nis, Yugoslavia) is an architect-researcher. She deals with themes of transformation of public space in contemporary cities, public goods and spatial justice, as well as the physical consequences of neoliberal planning. She graduated from the Faculty of Architecture, University of Belgrade, where she worked as an assistant in the classroom. She was a scholarship student of the Academy of Solitude in Stuttgart, within the Eastern European exchanges, as well as a researcher in the department of design Jan van Eyck Academy in Maastricht. Currently, she is a PhD fellow at the Institute for History and Theory of Architecture (gta), Department of Architecture, ETH Zürich. She is the author of the exhibition at the Museum of Contemporary Art in Belgrade in 2012 under the title “Three points of support: Zoran Bojovi?,” and the book of a same title in 2013. In 2012, Jan van Eyck Academie, Maastricht, has published her two books “Glotzt Nicht so Romantisch! On extralegal Space in Belgrade” and “Surfing the Black”, co-edited with Gal Kirn and ?iga Testen on the Yugoslav black wave films. She is currently working on a book with the working title “Planning for the Unexpected – Sourcebook for Urban Struggle”, which is based on the experiences of regional initiatives for the right to the city, and for which she won a scholarship to the Royal Institute of Art in Stockholm. She exhibited at numerous international exhibitions in Serbia and abroad, including the 53rd October Salon. She regularly lectures on her work throughout Europe.

Herbordt / Mohren

Ein Katalog performativen Handelns #1
Im Archiv der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin lagern Akten mit den Vorschlägen nie realisierter Institutsgründungen. Aus den vergangenen 120 Jahren. Seit 1960 größtenteils handschriftlich als ‚Spinner’ klassifiziert. Darunter auch Universal-Archive, Institute für menschliche Wissenserweiterung oder die Entwicklung einer Weltformel. In einem Katalog performativen Handelns sammeln Herbordt / Mohren szenische Versuchsanordnungen, die Bestandteile großer Erzählmaschinerien befragen: z. B. Apparat, Archiv, Institution, Publikum, Theater. In einer Vortragsserie werden realisierte wie nicht realisierte Einträge vorgestellt und diskutiert.
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Melanie Mohren (*1979) und Bernhard Herbordt (*1978) sind Absolventen des Instituts für Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen und realisieren seit 2000 gemeinsam interdisziplinäre Arbeiten im Grenzbereich der Darstellenden Künste. Herbordt/Mohren waren Stipendiaten der Akademie Schloss Solitude und sind seit 2011 Künstler-Mitglied der Jungen Akademie an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Seit 2012 arbeiten Herbordt/Mohren in unterschiedlichen Formaten und Medien zu Institutionen sowie ihren Aktualisierungen und beschäftigen sich mit Institutionskritik in der Darstellenden Kunst. www.die-institution.org

Henrik Hillenbrand / Oliver Kraft / Björn Kühn / Anna Romanenko

The Publishing Organ for Handbooks and its Ergonomics
Die Faszination für ein Ding ist meist die Faszination für sein Spiel mit anderen Dingen. Die Verkörperung dieses Spiels ist das Handbuch. Das Handbuch ist nie an und für sich, sondern stets an und für etwas. Folglich sind die Dinge, die ein Handbuch umfasst, selbst Dinge für etwas. Ihr Seinsmodus ist der der Anlehnung. Ein Ding mit einem Handbuch ist ein Werkzeug mit Fähigkeiten. Das Arbeiten dieser Verhältnisse ist ergonomisch: justieren, modifizieren, leiten und buchstäblich an die Hand nehmen. Das Handbuch wird zu einem Gelenk zwischen Subjekt und Umwelt; ständig im Begriff Handlungen zu skizzieren und potentielle Mechaniken zu entwickeln, die einen Eingriff in die Stofflichkeit des Gegebenen erlauben.  
Das Handbuch bezeugt die strukturelle Möglichkeit von Veränderung. Es birgt Formen neuer prozessualer Umgebungen, die es zu betreten gilt. Der Verlag für Handbücher schickt sich an die Operationalität von Materie aufzuwerfen und in deren singuläre Gesetzmäßigkeiten einzugreifen.
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Henrik Hillenbrand, Oliver Kraft, Björn Kühn und Anna Romanenko befassen sich mit Praktiken der Bildhauerei, des Textes und des Experience Designs. Sie finden Scharniere zu möglichen Umwelten durch Praktiken wie Atmen, Tauchen, Toasten oder Programmieren und entwickeln singuläre Maschinen um diese zu betreiben.

Jean-Baptiste Joly

May I tell you about the libraries of Solitude?
(Darf ich Ihnen von den Bibliotheken der Solitude erzählen?)

Jean-Baptiste Joly ist seit 1989 Gründungsdirektor und künstlerischer Leiter der Akademie Schloss Solitude.

Olia Lialina

One Terabyte of Kilobyte Age
(Das Projekt One Terabyte of Kilobyte Age)
Seit zehn Jahren schreibe ich über das „Vernacular Web“ und Digitale Folklore, zudem über die Frühzeit von Web und Webdesign, bevor daraus ein Beruf wurde.
Es ist gar nicht so leicht, Seiten zu finden, die zwischen 1993 und 1997 entstanden und immer noch online sind oder unverändert geblieben sind. Alles veränderte sich 2009, als Yahoo ankündigte, man werde Geocities einstellen, den ersten kostenlosen Freehoster-Service des letzten Jahrhunderts, „myspace der 1990er-Jahre", der vielen Website-Betreibern ein ersten Zuhause war, für das „professionelle Web" hingegen nur einen Witz darstellte. Yahoo forderte alle Anwender auf, innerhalb eines halben Jahres ihre Daten zu kopieren. Dem Archive Team (http://archiveteam.org) gelang es, Seiten teilweise zu retten und eine Sturzflut von einem Terabyte von ihnen zu veröffentlichen. Mein Partner Dragan Espenschied und ich begannen 2010, die Dateien herunterzuladen. Mitte 2011 setzte Dragan das Archiv wieder instand und wir begannen, die Seiten durchzugehen: Sammeln, Bezeichnen, Vergleichen, Analysieren. So begann das Projekt One Terabyte of Kilobyte Age.
Aber wir sammeln und restaurieren nicht nur, sondern bringen diese Kultur der 1990er Jahre wieder zurück ins Web, wobei wir die heute vorhandene Infrastruktur nutzen. Es ist oneterabyteofkilobyteage.tumblr.com, das seit Februar 2013 alle 20 Minuten den Screenshot einer Geocities-Seite automatisch online stellt, oder mein Kanal auf Vine, der es erlaubt, diese Seiten mit Animation und Ton zu sehen, und natürlich der Blog contemporary-home-computing.org/1tb/, wo wir das Gefundene beschreiben.
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Abschluss an der Staatlichen Universität Moskau als Journalist; Netzkünstlerin, eine der PionierInnen der „net.art“; Modell für GIF-Animation; schreibt über neue Medien, digitale Folklore und das „Vernacular Web“; MitbegründerIn des „Geocities Research Institute“; Professorin; Leiterin des Programms Neue Medien an der Merz Akademie, Stuttgart.

Marcell Mars

Nenad Romic aka Marcell Mars (*1972 in Benkovac / Kroatien) studierte Psychologie an der Universität Zagreb / Kroatien und absolvierte eine Ausbildung als Psychologe und Psychotherapeut. Zudem beschäftigte er sich mit Gentoo Linux und Programmieren.
Nach seinem Abschluss arbeitete er als Programmierer, Kurator, Organisator sowie im Kunstbereich. Er leitete mehrere Workshops wie Programming for Non-Programmers, Zagreb/Kroatien (2007/2008) und Wonder of Technology an der Fakultät für Medien und Kommunikation, Belgrad/Serbien (2010). Darüber hinaus organisiert er Ausstellungen wie I’m Still Alive (2001) und Freedom to Creativity (2007).
Mars nahm an kollaborativen Kunstprojekten wie NRD Kit der NRD Van Group (2001–2006) oder Gifoskop (interaktive Animation, 2006) in Zusammenarbeit mit den Tänzerinnen Nicolina Pristas und Maja Marjancic teil. Von Januar bis Juni 2013 war Marcell Mars Stipendiat an der Akademie Schloss Solitude im Bereich Rechtswissenschaften.

Tomislav Medak

Die „Public Library“ (Öffentliche Bibliothek) setzt als eine soziale Institution die Vorstellung eines universal möglichen Zugangs zu Wissen voraus. Aufgrund des technologischen Wandels haben die Möglichkeiten des Zugangs selbst zugenommen, allerdings ebenso die technologischen Möglichkeiten, den Zugang zu begrenzen. Daher ist es mehr denn je zuvor klar, dass jene Universalität eben nicht gegeben ist, dass vielmehr für sie zu kämpfen ist und aus verschiedenen Gründen gekämpft werden muss. Wie wird Wissen zugänglich gemacht und welches Wissen wird zugänglich gemacht? Bei der Beantwortung derartiger Fragen darf die Tatsache nicht unberücksichtigt bleiben, dass es zugänglich gemacht werden soll. Diese Fragen sind, kurz gesagt, deckungsgleich.
Ich behandele alle diese Fragen im Kontext der Digitalisierungsversuche des „Public Library“-Projekts in Zagreb. Dadurch, dass der Digitalisierung der in post-sozialistischer Zeit verfemten marxistischen Theorie und der Digitalisierung von Literatur, die wegen der enormen Druckkosten nicht von allen öffentlichen Bibliotheken angeschafft werden kann, Priorität eingeräumt wurde, erhält die Vorstellung eines universalen Wissenszugang hier einen spezifisch kämpferischen Zug, besitzt nicht bloß Appellcharakter.
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Tomislav Medak ist ein Philosoph, der sich für die zeitgenössische politische Philosophie, Medientheorie und Ästhetik interessiert. Er koordiniert das Theorieprogramm und die publizistischen Aktivitäten des Multimedia-Instituts (MAMA) in Zagreb, Kroatien. Er ist Verteidiger der freien Software und offenen Kultur, Projektleiter des Croatian Creative Commons Teams und Archivar der Digitalisierungsinitiative K_O_K (Katalog befreiter Bücher). Er ist zudem Unterstützer der aktivistischen Initiative „Recht auf Stadt“. Er arbeitet als Autor und Performer für das Theaterkollektiv BADco in Zagreb. Tomislav Medak ist von Oktober 2014 bis März 2015 Stipendiat der Akademie Schloss Solitude im Bereich Darstellende Kunst.

Irit Rogoff

Method is one of the significant infrastructures of knowledge, as significant as institutional and other structures within which that knowledge circulates. Can the actual knowledge being produced, in the very particularly contemporary ways in which it is being produced, become a critical intervention? I have at this moment, many permissions of how I might work. But they are not a menu from which to order. Not simply a set of templates to choose from as one would a style. Each set of permissions is underwritten by certain critical exhortations and each makes a demand and requires a risk. At present we have the possibility of working in ways, inventive and experimental, that critically embody the critical insights of the past 40 years of the project of critique. The subject cannot be defined, the sign cannot be stabilized, we ask not what something is but what it makes possible, we recognize difference as an internal dynamic rather than an embodied identity, we gather as singularities rather than as identities and we invent our politics rather than fight over their meager remains. Rather than digging for hidden knowledge, we recognize the secret in full light and rather than fit in with designated readerships, we constitute new audiences – that is the way we work now.
I am interested in thinking method as the last frontier of knowledge production, moving the sense of legitimacy away from respectable subjects to methodologies that are not only experimental but also practice driven in the widest sense.
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Irit Rogoff is a writer, curator, and organizer working at the intersection of contemporary art, critical theory, and emergent political manifestations. She is Professor of Visual Cultures at Goldsmiths, London University where she heads the PhD in Curatorial/Knowledge program, the MA in Global Arts program and the new Geo-Cultures Research Center. Rogoff has written extensively on geography, globalization, and contemporary participatory practices in the expanded field of art. A collection of recent essays, Unbounded—Limits’ Possibilities, is published in 2014 with e-flux journal/ Sternberg and her new book, Looking Away—Participating Singularities, Ontological Communities is forthcoming. Rogoff is also co-founder of freethought, a loose collaborative platform for research, pedagogy, and production based in London, where she lives and works.

Dubravka Sekulic

Von Oktober bis Dezember 2008 war Dubravka Sekulic über das Austauschprogramm „Osteuropäisches Netzwerk“ Stipendiatin an der Akademie Schloss Solitude.

Simon Sheikh

Die Hochschule in Gefahr. Intellektuelle Arbeit zwischen Freiheit und Liberalisierung
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Simon Sheikh (born 1965) is a curator and writer who researches practices of exhibition-making and political imaginaries. He is Reader in Art and Programme Director of the MFA in Curating at Goldsmiths, University of London, London. Sheikh was coordinator of the Critical Studies Program at Malmö Art Academy, Malmö from 2002 to 2009. He was also curator at NIFCA, Helsinki, 2003–2004 and, prior to that, director of Overgaden – Institute for Contemporary Art, Copenhagen from 1999–2002. Between 1996 and 2000, he was editor of the magazine Øjeblikket and a member of the project group GLOBE from 1993–2000. His recent curatorial work includes: Reading / Capital (for Althusser), DEPO, Istanbul, 2014; Unauthorized, Inter Arts Lab, Malmö, 2012; All That Fits: The Aesthetics of Journalism, QUAD, Derby, 2011 (with Alfredo Cramerotti); Do You Remember the Future?, TOK / Project Loft Etagi, Saint Petersburg, 2011; Vectors of the Possible, BAK, basis voor actuele kunst, Utrecht, 2010

Femke Snelting

Wir leben nicht in dieser Art von Welt: Von Otlets „ausgestrahlter Bibliothek“ bis zu Google auf Papier
Der belgische Universalist und Dokumentarist Paul Otlet starb 1944 als ein desillusionierter Mann. Zu Lebzeiten gelang ihm nur teilweise die Verwirklichung seines „Mundaneums“: einer enzyklopädischen Bestandsaufnahme des gesamten menschlichen Wissens, die „stufenweise zu einer permanenten und vollständigen Darstellung der ganzen Welt werden“ sollte. Während Otlet als ein „Gründungsvater des Internet“ wiederentdeckt wird, hat sich Google der Überreste seines Archivs in Mons angenommen. Mons, in einem ehemaligen Bergbaugebiet im Süden Belgiens gelegen, ist nicht nur die Heimatstadt von Premierminister Elio Di Rupo, sondern befindet sich zudem ganz in der Nähe eines der größten Datenzentren von Google in Europa. Dieser Vortrag untersucht die chaotischen Verflechtungen von zögerlichen Lokalbehörden, Träumen von zugänglichem Wissen und dem hoffnungsvollen Wunsch nach unternehmerischer Protektion.
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Künstlerin und Designerin, entwickelt Projekte an der Schnittstelle von Design, Feminismus und freier Software. Sie ist ein Hauptmitglied der in Brüssel ansässigen Vereinigung für Künste und Medien (Constant), zudem Mitbegründerin des Design- und Forschungsteams Open Source Publishing (OSP) sowie der Libre Graphics Research Unit. Mit Jara Rocha, Seda Gurses und Miriyam Aouragh gehört sie zur „Darmstadt Delegation“, die betraut ist mit der Erforschung techno-politischer und sozio-emotionaler Beziehungen zwischen aktivistischer Praxis und ihren Mitteln. Snelting unterrichtet am Piet Zwart Institut (Master Media Design and Communication, Rotterdam), an der Ecole de Recherche Graphique (Brüssel) und am „a.pass“ (advanced performance and scenography studies, Brüssel). Femke Snelting wird ab Januar 2015 als Stipendiatin im Bereich Exakte Wissenschaften an die Akademie Schloss Solitude kommen. snelting.domainepublic.net

Cornelia Sollfrank

If Art Were A Commons (Wenn Kunst Gemeingut wäre)
Auf der Grundlage von Interviews, die im Rahmen des künstlerischen Forschungsprojektes ‘Giving What You Don’t Have’ (GWYDH) geführt worden sind, werden Projekte vorgestellt und diskutiert, die zur Bewahrung und Produktion von gemeinschaftlich nutzbaren Gütern, den Commons, beitragen. Wesentliche Fragen sind dabei die nach einem möglichen Verhältnis zwischen Kunst und Commons, welche Organisationsformen Künstler_innen vorschlagen, welche Werte sich darin ausdrücken, von welchen Ökonomien die Projekte abhängig sind und nicht zuletzt die nach dem inhärenten Kunstbegriff.
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Cornelia Sollfrank ist Künstlerin und Forscherin und lebt in Celle und Dundee, Schottland. Nach einem klassischen Kunststudium widmete sich Sollfrank der Erforschung digitaler Technologien und deren ästhetischen und sozialen Implikationen. In ihrer Tätigkeit vereinen sich konzeptuelle und performative Ansätze zu forschender Praxis und schreiben praktische Theorie. 2011 hat Sollfrank ihre praxis-basierte interdisziplinäre Forschung an der Dundee University (UK) mit einem Dokorat abgeschlossen. Unter dem Titel 'Performing the Paradoxes of Intellectual Property' leistete sie einen Beitrag aus künstlerischer Sicht zu den Widersprüchen, die das Konzept des geistigen Eigentums mit sich bringt. Seit 2012 ist Sollfrank in der Lehre und Forschung am Duncan of Jordanstone College of Art and Design, Dundee, tätig. Ihr laufendes Projekt Giving What You Don't Have (GWYDH) untersucht künstlerische Beiträge zu den Commons.

Felix Stalder

Knowledge for All: From Public to Free
Unrestricted access to knowledge has been a key demand of the enlightenment project. To realize this demand, complex infrastructures – with interdependent material, legal, institutional, economic and subjective dimensions – are required. Since the mid 18th century, the notion of "the public", as in public library, has been a central organizing focus. Today, after more than three decades of neo-liberal attacks, notions and institutions of "the public" have been eroded. Yet the demand for access to knowledge is as strong as ever. New infrastructures for unrestricted access to knowledge are emerging. They do not only rely on different material, legal, institutional and economic configurations, but also mobilize different subjectivities. They center around the notion of "free", as in "free software". In this talk, I will contrast the two regime of "public" and "free" knowledge to examine the stakes involved in this transformation.
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Felix Stalder is a professor for Digital Culture at the Zurich University of the Arts, a senior researcher at the World Information Institute in Vienna and a moderator of <nettime>, a critical nexus of the discourse on net culture, since 1995. His work focuses on the intersection of cultural, political and technological dynamics, in particular on new modes of commons-based production, copyright and transformation of subjectivity. He's the author/editor of numerous books, among other "Manuel Castells and the Theory of the Network Society" (Polity Press, 2006) "Deep Search. The Politics of Search Beyond Google" (Transaction Publishers, 2009), "Digital Solidarity" (PML & Mute 2014) and "Kultur der Digitalität (Suhrkamp, forthcoming). The recent publications, talks and interviews are available at felix.openflows.com.

Sophie-Charlotte Thieroff

Sophie-Charlotte Thieroff ist seit 2013 Referentin des Programms art, science & business an der Akademie Schloss Solitude.

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