Anschlüsse an 200 Jahre Gegenwart. Der Kunstverein und die Fiktionen von Souverän, Freiheit und Nation

KONSTELLATION 1
22. März – 4. Mai 2025

Mit Werken und Editionen von:
Daniel García Andújar, Ricardo Basbaum, Daniel Chodowiecki, Stan Douglas, Luise Duttenhofer, Till Gathmann, HAP Grieshaber, Christoph Irrgang, Vika Kirchenbauer, Ferdinand Kriwet, Muntadas, Suntag NOH, Anna Oppermann, Dan Perjovschi und vielen mehr

2027 jährt sich die Gründung des Württembergischen Kunstvereins (WKV) zum 200. Mal. Auf dem Weg dorthin geht der WKV in einem zweijährigen offenen Prozess drei zentralen Ideen, die mit der Gründung von Kunstvereinen zu Beginn des 19. Jahrhunderts eng verwoben sind, aus heutiger Sicht nach: der Konstitution des (weißen, männlichen) Bürgers als Souverän; der Freiheit der Kunst und der Nationenbildung. Die lokalen Besonderheiten und konkreten Entwicklungen des WKV werden dabei hinsichtlich ihrer globalen Verschränkungen reflektiert. Lineare Zeitkonzepte sollen bewusst durchbrochen werden.

Geplant ist eine Ausstellungsreihe, die in vier Konstellationen mögliche Anschlüsse zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft reflektiert. Bei allen vier Konstellationen handelt es sich um offene Arrangements zwischen Ausstellung, Archiv und Werkstatt. Sie sind im Wesentlichen vom Suchen, Sichten, Hinterfragen, von Lücken, Unerwartetem, Vorläufigem und neuen Fragen geprägt.

Ausgangspunkt der ersten Konstellation ist eine erste Auswahl an Personen-, Themen- und Fragenclustern, mit der der WKV seine Forschungsreise eröffnet. Beleuchtet werden Gründungsmitglieder wie der Kaufmann, Bankdirektor und selbsternannte Kunstdilettant Gottlob Heinrich Rapp, der Verleger Johann Friedrich Cotta (auch genannt „Bonaparte des Buchhandels“) oder der Jurist August Friedrich Köstlin (Ururgroßonkel von Ulrike Meinhof). Sie stehen für den sich neu herausbildenden Typus des selbstbewussten Bildungs- und Besitzbürgers, der gesellschaftlich aufsteigt, indem er Handel treibt, politische Ämter bekleidet und sich für Kunst und Kultur engagiert: Ein Typus, den die Künstlerin Luise Duttenhofer in ihren Scherenschnitten ironisch kommentiert.

Die Künstler*innen emanzipieren sich zu dieser Zeit von höfischen Auftraggeber*innen, wobei die neue Freiheit der Kunst sogleich mit deren Restriktion durch Zensur sowie ihrer Abhängigkeit von neuen Käufer*innenschichten einhergeht. Die Funktion der ersten Kunstvereine besteht darin, zwischen Kunst, Künstler*innen und einem damals erst entstehenden Kunstpublikum und Kunstmarkt zu vermitteln. Zentral ist dabei ein Lotteriesystem: Mitglieder erwerben Aktien, mit diesen werden Werke „vaterländischer“ Künstler*innen gekauft und diese per Los unter den Mitgliedern verteilt.

Ein weiterer Fokus dieser ersten Konstellation betrifft die Frage nach den Verschränkungen und Kontinuitäten zwischen Kolonialismus, Nationalismus/Nationalsozialismus und Moderne – und wie diese sich auch entlang der Positionen und Protagonist*innen des WKV spiegeln.

Neben diesem kritischen Blick auf die Historie des WKV hebt die Ausstellung zugleich die wiederständigen Momente und Haltungen hervor. Denn in ihrer langen Geschichte konnten sich Kunstvereine, viel stärker als städtische oder staatlichen Einrichtungen, vor allem als Freiräume der Kunst etablieren: eine Rolle und Verantwortung, die es immer wieder neu auszuloten und auszuhandeln gilt.
 
Überblick
Sichtung
1.– 20. März 2025
Konstellation 1
22. März – 4. Mai 2025
Konstellation 2
24. Mai – 3. August 2025
Konstellation 3: Ausstellung der Künstler*innenmitglieder
23. August – 21. September 2025
Konstellation 4
17. Oktober 2026 – 17. Januar 2027

Kurator*innen
Hans D. Christ, Iris Dressler
Kuratorische Assistenz
Anne Volk
Grafische Gestaltung
Till Gathmann

deueng
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200 Jahre Gegenwart: Konstellation 1
Württembergischer Kunstverein Stuttgart